Mai

Magda

Schauspielerin

Genau wie meine Patin Bruni Löbel wollte ich schon mit 13 Jahren Schauspielerin werden, wozu da noch in die Schule gehen? Ich musste dafür zwar nicht aus dem Fenster klettern, wie Bruni L., die von ihren Eltern in ihrem Zimmer eingesperrt wurde und sich mit ihrem Koffer „auf und davon gemacht hat, um bis an ihr Lebensende weiterspielen zu können“ (M. Reinhardt) Doch auch ich habe viele Hindernisse bewältigen müssen, um meinen Weg zu gehen. Sei es der Attest vom Phoniater, der mir bescheinigte, dass ich mit DER kaputten Stimme nicht einmal Lehrerin werden könne oder dem immer wiederkehrenden Scheitern bei den Aufnahmeprüfungen- und wieder hat es nicht geklappt. Hinfallen, aufstehen, weiterlaufen. Für mich bedeutet Schauspielen immer auch eine Suche nach den Rissen in der Fassade des menschlichen Miteinanders, dem Nicht-Offensichtlichem, den Unausgesprochenem, den schwelenden Konflikten. Diese Risse wollen betrachtet und somit zu neuen Erzählungen werden. Das ist für mich die Chance der Bühne und des Miteinander Spielens: verschiedene Perspektiven einzunehmen, Blicke zu weiten und Ausschnitte des Lebens wie unterm Mikroskop zu betrachten und somit Puzzle für Puzzle ein wenig mehr vom großen Spiel des Lebens zu begreifen. Und vielleicht können durch diese Erfahrungen NEUE Eindrücke, Impulse, Mut zur Veränderung entstehen. Die Möglichkeiten des Spiels sind vielfältig, also sind es die Möglichkeiten des Lebens und des Miteinander-Seins ebenso und können immer neu gemischt werden. Dieses Vertrauen und den Mut zum Aufbruch, sich ins Ungewisse zu stürzen, einfach aus dem Zimmer zu steigen, das einen begrenzt- das bewundere ich an Bruni Löbel. Auch wenn ich hoffe, dass ich niemals, wie sie, in einer Diktatur leben muss und dadurch zur Marionette einer Ideologie, instrumentalisiert oder stimmenlos, gemacht werden will. Ich möchte die Freiheit meiner eigenen Entscheidungen und die der eigenen Werte immer wieder überprüfen und in Bewegung halten, immer meine Stimme erheben können, immer um diese Freiheit des Miteinanders und der Möglichkeit zur Veränderung kämpfen. Immer den Geruch des Aufbruchs in der Nase. Immer jede Hürde nehmen und erkennen, dass sie keine Grenzen, sondern Stufen darstellen. Einladungen sind. Auf-Brüche. Und dafür dankbar zu sein.“

Magda (35) ist seit 2013/14 Schauspielerin am Schauspielhaus Chemnitz, veranstaltet regelmäßig Wohnzimmerkonzerte und engagiert sich im Kollektiv „Glamnitz“ für ein buntes, vielfältiges Miteinander der Chemnitzer Stadtgesellschaft.

Patin: Bruni Löbel, Schauspielerin 1920 bis 2006. Bruni Löbel spielte 1935 ihre erste Rolle am Chemnitzer Stadttheater. Nachdem sie an der Leipziger Schauspielschule abgelehnt wurde, nahm sie Privatunterricht bei der Schauspielerin Sonja Karzau vom Chemnitzer Theater. Bruni Löbel spielte über 100 Rollen, über 40 Filmrollen, 3 davon in amerikanischen Produktionen. Ihre letzte Rolle spielte sie als Freifrau von Thalheim in der ARD Telenovela „Sturm der Liebe“